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FN vom 01.02.2014


Creglingen: Beschluss des Gemeinderates rechtswidrig / Drei Mitglieder des Gremiums waren am Montag befangen / Erneute Sitzung am 13. Februar

In paradoxe Situation hinein manövriert

 

Von unserem Redaktionsmitglied Arno Boas

 

 
© Arno Boas

Creglingen. Paukenschlag in Creglingen: Der Beschluss, den der Gemeinderat am Montag im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens zum Bau eines Windparks im Klosterwald gefasst hatte, ist rechtswidrig. Wie sich im Nachhinein herausstellt hat, waren drei Mitglieder des Gemeinderates befangen. Nun kommt das Gremium nochmals zu einer Sitzung zusammen: am Donnerstag, 13. Februar. Dies geschieht allerdings aus rein formalen Gründen; Einfluss auf das Baugenehmigungsverfahren hat diese Sitzung nicht. Denn unabhängig vom weiteren Fortgang ist das gemeindliche Einvernehmen zum Baugesuch dadurch hergestellt worden, dass die Zwei-Monats-Frist zur Behandlung eines Baugesuchs inzwischen abgelaufen ist.

 

Die Materie ist kompliziert. Einerseits. Andererseits ist die Sachlage wohl eindeutig: Der zustimmende Beschluss des Gemeinderats zum Bau des Windparks ist zwar rechtswidrig, aber egal, was der Gemeinderat nun in seiner nächsten Sitzung am 13. Februar beschließt: Das Einvernehmen der Kommune gilt als hergestellt, weil an der Zwei-Monats-Frist nicht gerüttelt werden kann. Diese Frist ist am 27. Januar abgelaufen. Warum trotzdem nochmals eine Sitzung abgehalten werden muss, erklärt sich aus den Bestimmungen der Gemeindeordnung. Diese besagt unter anderem, dass im Fall eines rechtswidrigen Beschlusses nochmals eine Sitzung stattfinden muss. So steht der Gemeinderat nun vor der paradoxen Situation, dass er eine Sitzung halten muss, die inhaltlich - gelinde gesagt - eigentlich für die Katz' ist.

Nach der Sitzung am Montag - mit 10:9 Stimmen hatte der Gemeinderat dem Baugesuch zugestimmt - tauchten Fragen zur Befangenheit von Stadträtin Daniela Pfeuffer auf. Diese hatte im Vorfeld der Sitzung nach eigenen Angaben wegen einer möglichen Befangenheit nachgefragt - was verneint worden sei. "Deshalb habe ich auch mit abgestimmt," so die Stadträtin auf FN-Anfrage. Sie ist bei der Firma Wirthwein beschäftigt, die neben der MVV Energie und der Windenergie Baden-Württemberg einer der drei Investoren des Windparks ist.

 

Wie nun gestern Bürgermeister Uwe Hehn mitteilte, habe es sich nach mehrmaliger Rücksprache mit dem Landratsamt ergeben, dass "verschiedene Befangenheitstatbestände" vorlagen. Damit, so Uwe Hehn, sei der Beschluss rechtswidrig, und als Bürgermeister müsse er gemäß der Gemeindeordnung dem Beschluss widersprechen und eine neue Sitzung anberaumen.

Die neue Beschlussfassung erfolge aus formalen Gründen und habe auf das Baugenehmigungsverfahren keine Auswirkungen mehr, sagte der Verwaltungschef. Ohnehin hätte sogar ein ablehnender Beschluss des Gemeinderats nicht wirklich Folgen für den Bauantrag. Denn der eigentlich entscheidende Vorgang war bereits die Verabschiedung des Flächennutzungsplanes (FNP) im November. Damals hatte der Gemeinderat mit 14:3 Stimmen die Änderung des FNP beschlossen und damit unter anderem die planerische Grundlage für das Windkraft-Vorranggebiet Klosterwald gelegt. Dass sich das Gremium nun (fast) von dieser Linie verabschiedet und eine Kehrtwende hingelegt hat, gehört zu den Kuriositäten dieses Verfahrens. Bürgermeister Hehn hatte schon am Montag klar gemacht, dass er einem ablehnenden Beschluss des Gemeinderates zwingend widersprechen müsse, weil die Investoren aufgrund der FNP einen Anspruch auf den Bau der Windräder hätten.

Auch die Tatsache, dass der Gemeinderat erst kurz vor Ablauf der Zwei-Monats-Frist über den Bauantrag abstimmte, hängt mit dem FNP zusammen. Dieser war zwar schon am 5. November vom Gemeinderat beschlossen, aber erst am 14. Januar genehmigt worden. "Vorher hätten wir nicht über das Baugesuch beraten können", so das Stadtoberhaupt. Die für den 21. Januar angesetzte Gemeinderatssitzung wurde dann wegen einer Terminüberschneidung nochmals um eine Woche verschoben. Die Theorie, dass dahinter eine Taktik seinerseits stecke, wies Uwe Hehn entschieden zurück.

Am Dienstag Nachmittag hatte Uwe Hehn bei einem Termin in Tauberbischofsheim der Kommunalaufsicht gegenüber die mögliche Befangenheit von Daniela Pfeuffer erstmals angesprochen. "Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage wurde ihm mitgeteilt, dass Befangenheit vorliege und der Gemeinderatsbeschluss über die Erteilung des Einvernehmens deshalb rechtswidrig sei," erklärte gestern die Pressestelle auf Anfrage.

Neben Daniela Pfeuffer waren auch Stadtrat Werner Mantel aus Archshofen und Harald Blumenstock aus Frauental befangen. Werner Mantels Tochter arbeitet ebenfalls bei der Wirthwein AG. Harald Blumenstock hingegen ist Mitglied einer Hübnerschaft, die im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ebenfalls angehört worden war und sich gegen den Bau der Windräder ausgesprochen hatte.

"Ich habe aus dieser ganzen Angelegenheit gelernt", sagte Bürgermeister Uwe Hehn im Gespräch mit den FN mit Blick auf die komplexen Regelungen in der Gemeindeordnung zur Befangenheit von Stadträten. Er werde das Gremium nochmals ausführlich über das Thema informieren und in Zukunft eine verwaltungsinterne Prüfung vornehmen, ob Befangenheit vorliege.

Uwe Hehn verwahrte sich entschieden gegen Vorwürfe, ihn treibe die Geldgier. "Ich habe kein persönliches Interesse an der Windkraft, und ich werde mich auch nicht finanziell an einem Windrad beteiligen". Die Gemeinde aber könne sich über zusätzliche Einnahmen freuen.

© Fränkische Nachrichten, Samstag, 01.02.2014